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Bioplastik für Biolebensmittel

Die neu gegründete 4e solutions GmbH aus Filderstadt gewinnt mit ihren Aufbewahrungsboxen aus nachwachsenden Rohstoffen Auszeichnungen am laufenden Band (Bild: 4e solutions)

01.09.2013

Unter dem Markennamen "ajaa!" produzieren und vertreiben die Jungunternehmer und Gründer der Filderstädter 4e-Solutions GmbH, Fabian Rupp und Raphael Stäbler, Aufbewahrungsboxen aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Behälter aus Bio-Kunststoff werden ausschließlich in Deutschland hergestellt und lassen sich vollständig recyceln.

Für diese Produktentwicklung gewann das erst im Jahr 2012 gegründete Unternehmen bereits mehrere Preise: den "Best New Product Award 2013" und den dritten Platz für das "Biomaterial of the Year 2013". Künftig soll das Sortiment um Baby- und spezielle Kinderprodukte erweitert werden.

Produkte aus Kunststoffen bzw. Plastik sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Gerade in der Küche sind sie als Aufbewahrungsboxen höchst beliebt. Es gibt sie in (fast) allen Ausführungen, Größen und Farben. Gegenüber Behältnissen aus Metall, Glas oder Keramik haben sie einige Vorteile: Sie sind leicht, unzerbrechlich und grundsätzlich spülmaschinenfest. Kinder bekommen ihre Vesperbox aus Plastik mit in den Kindergarten oder in die Schule. Angesichts ihrer Vorzüge wird eine weniger erfreuliche Eigenschaft der Kunststoffboxen allzu gern verdrängt: Plastik enthält meist Weichmacher und andere Schadstoffe, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Hinzu kommt, dass eine solche Box aus Erdölprodukten hergestellt wird und sich nicht einfach recyceln lässt. "Für uns war es ein Widerspruch, im Bioladen einkaufen zu gehen und dann die Lebensmittel in Plastikboxen zu packen", erklärt der 33-jährige Wirtschaftsingenieur Raphael Stäbler, einer der beiden Gründer des Start-up-Unternehmens 4e-Solutions aus Filderstadt in der Region Stuttgart, den Grund für die Idee, Behälter aus Biokunststoffen zu entwickeln.

Weich ohne Weichmacher

Weichmacher sind Stoffe, die Materialien - insbesondere Plastikmaterialien - zugesetzt werden, um diese dehnbar, flexibler, geschmeidiger und somit erst verarbeitbar zu machen. Da diese Weichmacher meistens nur physikalisch und nicht chemisch an die Stoffe gebunden sind, lösen sie sich leicht und können dadurch mit der Luft eingeatmet werden. Auch durch Kontakt mit verschiedenen Flüssigkeiten, insbesondere mit fetthaltigen Lebensmitteln, lösen sich die Weichmacher und können somit auch in die Nahrung übergehen. Vor allem Phtalate und Bisphenol A stehen unter dem Verdacht, den Hormonhaushalt zu beeinflussen und dadurch bei Männern Unfruchtbarkeit und bei Kindern genitale Fehlbildungen, Leberschäden oder Verhaltensstörungen zu verursachen. Einer neuen Studie zufolge stehen sie sogar in Verdacht, Diabetes Typ 2 zu begünstigen.

Auf der Suche nach einer gesundheitlich unbedenklichen und umweltverträglichen Alternative wurden Raphael Stäbler und sein Studienkollege Fabian Rupp in Heilbronn fündig. Dort produziert eine Firma einen Biowerkstoff, der sich genauso verhält und ähnlich verarbeiten lässt wie Plastik, ohne aber dessen negative Eigenschaften zu haben. Statt aus Erdöl und Weichmachern wird er zu 100 Prozent aus natürlichen Rohstoffen wie Cellulose, Mineralien und Wachsen hergestellt. Aus der Idee, daraus Aufbewahrungsboxen für die Küche herzustellen, entwickelten die beiden Jungunternehmer im Jahr 2012 die Marke "ajaa!", was finnisch ist und "etwas bewegen" oder "etwas vorantreiben" bedeutet. Insofern passt das bestens zum Credo der beiden Gründer. "Alle sprechen immer von der Energiewende, wir möchten gerne eine Rohstoffwende anstoßen", erklärt Raphael Stäbler selbstbewusst.

Sorge, dass der Biokunststoff anstatt des endlichen Erdöls andere Ressourcen für Nahrung verknappen könnte, brauche man nicht zu haben. Denn Cellulose kann nicht nur aus Zucker sondern beispielsweise auch aus Holz gewonnen werden. Bisher werden für die Herstellung der Dosen nur die Zuckerrohr-Abfälle aus der Schnapsproduktion verwendet. "Selbst wenn man alle Kunststoffe durch Naturwerkstoffe ersetzen würde, bräuchte man dafür nur 1,5 Prozent der Anbauflächen weltweit", erklärt Raphael Stäbler. Dazu kommt noch, dass der Werkstoff für das Bioplastik recycelbar ist. Gebrauchte Dosen können wieder an den Hersteller zurückgegeben werden, der sie dann häckselt und zu neuen Produkten verarbeitet.

Attraktives Design und gute CO2-Bilanz

"Unsere Boxen gibt es bisher in vier verschiedenen Größen und vier verschiedenen Farben in ausgewählten Läden und Onlineshops zu kaufen", sagt Raphael Stäbler, dem es ein Anliegen ist, dass die Produkte nicht nur umweltfreundlich und gesundheitlich unbedenklich sind, sondern auch gut aussehen. "Viele Menschen wollen ökologisch korrekt sein, aber trotzdem nicht auf einen Luxusstandard verzichten", so Stäbler. Die von Tübinger Designern gestalteten Boxen sind in einem edlen Weiß gehalten und mit einem dezenten Farbring ausgestattet. Da den Unternehmern die CO2-Bilanz ebenso wichtig ist wie Design und Funktion, werden die Dosen in Deutschland hergestellt. "Die Produktion findet sogar ausschließlich in Baden-Württemberg statt, was uns natürlich auch die Qualitätskontrolle erleichtert", erklärt Stäbler.

Allerdings hat diese Qualität ihren Preis: Momentan gibt es die Boxen erst ab 20 Euro zu kaufen. "Das liegt vor allem daran, dass der Werkstoff vier mal so teuer ist wie der normale Plastikwerkstoff", erklärt Raphael Stäbler, der allerdings an eine bevorstehende Wende glaubt. In fünf Jahren, vermutet er, werde das Erdöl so teuer geworden sein, dass die Alternativen wesentlich interessanter sein dürften. Diese Entwicklung führe zu einem Schnittpunkt, in dem sich die Preise von Erdölprodukten und ökologischen Alternativen kreuzten. "Insofern kommen wir mit unserer Entwicklung gerade zur richtigen Zeit", freut er sich.

Diese Ansicht teilten offensichtlich die Messebesucher der Biofach in Nürnberg: Sie wählten die umweltfreundlichen Aufbewahrungsboxen von "ajaa!" in der Rubrik "Non Food" zum "Best New Product 2013". Dazu kam der dritte Platz für das "Biomaterial of the Year 2013" auf der 6. Internationalen Konferenz für Biotechnologie und biobasierte Kunststoffe. "Es macht uns natürlich sehr stolz, dass uns das Fachpublikum gleich mit zwei Preisen auszeichnet", sagt Raphael Stäbler.

Suche nach Investoren per Crowdfunding

Für die Zukunft sei geplant, das Produktsortiment um spezielle Angebote für Säuglinge und Kinder zu erweitern. Gerade für Babys, die ja alles in den Mund nehmen, sei die gesundheitliche Unbedenklichkeit von solchen Produkten besonders wichtig. Um diese Pläne realisieren zu können, sucht das junge Unternehmen über die Webseite www.crowdnine.de nach Investoren. Die Crowdfunding-Plattform bietet Kleinunternehmen aus der Region Stuttgart eine Möglichkeit, Geldgeber aus der Umgebung zu finden. "Einige Investoren haben wir schon gefunden, aber das reicht leider noch nicht", erklärt Raphael Stäbler. "Für eine Sortimenterweiterung brauchen wir rund 100.000 Euro." Wenn sie das Geld erst einmal zusammen haben, steht der Rohstoffwende nichts mehr im Wege.