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BARS ANGEL Portrait: Carl Mahr (Vorstandsvorsitzender - Business Angels Region Stuttgart e.V.)

29.11.2016

Carl Mahr engagiert sich seit 2009 aktiv als Business Angel und hält mehrere Beteiligungen an innovativen Start-Ups. Zuvor war er Geschäftsführer in einem mittelständischen "Global Player" und begleitete den Verkauf des von ihm geführten Geschäftsbereichs. Internationale Managementerfahrung sammelte er nach seinem Maschinenbau-Studium in Stuttgart mit einem MBA der University of California at Berkeley und leitenden Positionen in zwei amerikanischen Unternehmen. Im Interview berichtet Carl Mahr von seinen Anfängen als Investor, offenbart einige seiner persönlichen Investment-Kriterien und spricht über seine Erfahrungen mit Business Angel Netzwerken.

 

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in Startups zu investieren? Was motiviert Sie dabei besonders?

Um die Jahrtausendwende lebte ich für Studium und Beruf acht Jahre lang in der San Francisco Bay Area. Dort hat mich wohl der "Startup-Virus" infiziert. Mich fasziniert die Kreativität und Dynamik von Gründern, die mit innovativen Ideen "Großes" erschaffen wollen. Auch wenn nicht jede Idee gleich die Welt verändert, ist doch die Unterstützung der Teams bei ihren Vorhaben jedes Mal eine lohnende Erfahrung.

Welche Eigenschaften sollte ein Business Angel Ihrer Meinung nach haben, um erfolgreich zu sein?

Business Angels geben nicht nur Geld, sondern unterstützen Startups auch mit ihrer Erfahrung und ihrem Netzwerk. Aus diesem Grund sollte ein Business Angel Freude an einem persönlichen und intensiven Engagement haben. Mit der Fähigkeit, Teams einschätzen zu können und einem Sinn für das "potenziell nächste große Ding", erhöht man die Chancen für ein erfolgreiches Investment. Auf dem Weg dorthin braucht man aber - wie die Gründer auch - Toleranz für Niederlagen und ein gutes Durchhaltevermögen.

Welche Vorteile haben Business Angel Netzwerke und was bringt es Business Angels, sich in einem Netzwerk zu organisieren?

In einem Netzwerk habe ich als Business Angel meist - gerade auch wenn ich meine "Karriere" beginne - einen besseren Dealflow, zudem profitiere ich von den Erfahrungen meiner "Kollegen", kann Wissen erwerben und weitergeben. Schließlich erreiche ich durch gemeinsame Deals mit anderen Investoren oder gar über eine gemeinsame Beteiligungsgesellschaft eine bessere Risikodiversifizierung in meinem Portfolio.

Haben Sie Erfahrungen mit gemeinsamen Beteiligungen mehrerer Business Angels? Welche Vorteile können sich daraus für Business Angels und für Startups ergeben?

Ja, fast alle meine Investments sind zusammen mit anderen Business Angels. Wir profitieren wechselseitig von unserem Know-How, vergrößern das verfügbare Netzwerk und steigern die finanzielle Schlagkraft - auch über mehrere Runden, wenn sie erforderlich werden.

In welche Branchen möchten Sie investieren? Hängt dies mit ihren beruflichen Kompetenzen und Erfahrungen zusammen? Welche Unternehmens- und Finanzierungsphasen sind für Sie dabei interessant?

Mein persönlicher Fokus als Business Angel ist in erster Linie regional. Da ich mich in den Unternehmen engagieren möchte, bevorzuge ich einen Aktionsradius von 2-3 Stunden. Glücklicherweise haben wir in der Region Stuttgart und in Süddeutschland mehrere attraktive Branchen: High Tech Engineering, Software/Internet, Medizintechnik, auch Umwelttechnik. Als Ingenieur und Führungskraft in einem mittelständischen Unternehmen kann ich hier - gerade in der Früh- und Wachstumsphase - einiges an Know-How einbringen. Allerdings investiere ich auch überregional und in späteren Phasen, dann aber meist über weitere professionelle Netzwerke oder mir persönlich bekannte Fonds und -Manager.

Wie suchen Sie bzw. wie finden Sie Ihre Beteiligungsmöglichkeiten? Welche Qualitäten müssen Startups mitbringen, um Sie von einem Investment zu überzeugen? Was sind für Sie die größten Ausschlusskriterien für ein Investment?

Bislang erreichten mich die meisten Beteiligungsmöglichkeiten über Business Angel Netzwerke. Mit einem zunehmend größeren Netzwerk sehe ich aber auch Deals über befreundete Angels und Gründer. Attraktive Startups müssen eine überzeugende Geschäftsidee haben, die das Potenzial hat sehr gut zu skalieren - und natürlich ein kompetentes und motiviertes Team, das den meist anstrengenden Weg erfolgreich geht. Eine "me-too" Idee ohne Alleinstellung, aufgehübscht durch viele Buzzwords, präsentiert von einem Gründer, der keine Erfahrung oder Track-Record hat, da schaue ich lieber nach etwas Anderem…

Wie können Sie mithelfen, dass die Startups, an denen Sie beteiligt sind, sich erfolgreich entwickeln und wachsen?

Als Business Angels habe ich "zwei Flügel": Durch mein finanzielles Engagement biete ich "Treibstoff" für das Unternehmen - in der Startphase und häufig auch nochmals im Steigflug oder auf der Strecke. Mit meinem Netzwerk und Erfahrungen helfe ich Gründern schnell die richtigen Kontakte - oft gerade auch im Vertrieb - zu knüpfen, häufige Fehler zu vermeiden, und auch weitere Finanzierungen oder attraktive Exitmöglichkeiten wahrzunehmen.
 
Wie intensiv engagieren Sie sich als Business Angel für Ihre Startups und in welchem zeitlichen Umfang bringen Sie sich in Ihre Beteiligungen ein? Sind Sie auch ins operative Geschäft des Startups eingebunden?

Ich bin derzeit bei knapp zehn Unternehmen beteiligt. In rund einem Drittel bin ich sehr aktiv dabei, als Beirat und Sparringspartner durch mindestens monats- oder quartalsweise Treffen und häufige Telefongespräche mit den Geschäftsführern, in einem weiteren Drittel bin sich Teil eines kleinen Konsortiums und unterstütze den Leadinvestor. Bei den restlichen Beteiligungen bin ich nur Co-Investor. Ins operative Geschäft bin ich in der Regel nicht eingebunden, wobei die gelegentliche oder temporäre Ausnahme die Regel bestätigt…

Sind Sie auch an Investments interessiert, an denen externe Investoren wie z.B. VC-Gesellschaften oder etablierte Unternehmen beteiligt sind? Was sind die Vor- und Nachteile bei der Kooperation mit zusätzlichen, externen Investoren?

Grundsätzlich ja. Nur muss ich mir in diesem Fall über meine "Rolle" klar sein: Wenn ich mich mit anderen Business Angels engagiere, haben wir meist ähnliche Interessen. Wenn andere - insbesondere auch "große" - Investoren mit an Bord sind, muss dies nicht unbedingt gegeben sein. Durch eine "pari passu"-Konstruktion der Beteiligung - also alle investieren zu gleichen Bedingungen - lässt sich das teilweise relativieren. Dann können die Vorzüge der Partner, z.B. große Finanzkraft, starkes Netzwerk oder attraktiver Marktzugang ein starker Aktivposten sein.

Was waren bislang Ihre besten und Ihre schlechtesten Erfahrungen bzw. Ihre größten Erfolge und Ihre größten Misserfolge?

Mein erstes Investment war aufgrund fehlender Erfahrungen zu groß, mit schlechten Verträgen und dann noch über Empfehlung von Freunden, die einen Investor für "ihr" Startup suchten. Gepaart mit einer zu frühen Phase im Markt ging die Firma "nach langem Leiden" insolvent. Der Verlust war sehr schmerzhaft. Durch erfahrene "Kollegen" aus einem Netzwerk - das ich damals noch nicht hatte - wäre das sicher in großen Teilen zu vermeiden gewesen. Mit einem aktuellen Investment haben wir eine lange schwierige Zeit überstanden, konnten nach einem erfolgreichen "Proof of Concept" einen strategischen Investor gewinnen und erwarten nun, dass das Unternehmen richtig abhebt. Dies ist eine sehr schöne Erfahrung, dass sich die gute Zusammenarbeit mit dem motivierten Gründerteam nun auszahlt.